Gestern hatten wir einen Termin in unserer auserkorenen Geburtsklinik für den Versuch einer äußeren Wendung unserer kleinen Maus, die es sich weiterhin klappmesserartig in der Beckenendlage gemütlich gemacht hat. Trotz Bauchbeklopfung, -beleuchtung und Akupunktur hat sie bislang keine Anstalten unternommen, sich noch einmal in die korrekte Startposition „Richtung Ausgang“ zu bewegen. Da es an der Klinik einen Oberarzt gibt, der sich auf solche Fälle spezialisiert hat, wollten wir unser Glück einmal probieren und schauen, ob sich da vielleicht noch was machen lässt. Leider hat das Wendemanöver unterm Strich nicht funktioniert, das kann ich gleich schon mal verraten. Trotzdem war das ein ganz guter Tag, den wir da in der Klinik verbracht haben.
Wir wissen nun, dass die Kleine zwar in Beckenendlage liegt und aller Voraussicht nach auch bis zum Ende der Schwangerschaft liegen bleiben wird. Allerdings konnte man uns glaubhaft versichern, dass sie in dieser „falschen“ Lage noch genau „richtig“ liegt, so dass eine natürliche Geburt trotzdem mit hoher Erfolgsaussicht funktionieren kann. Alle geforderten Kriterien für eine natürliche Geburt aus Beckenendlage sind bei uns erfüllt, weshalb wir es dann auch frohen Mutes versuchen werden.
Der betreffende Oberarzt machte einen sehr netten und kompetenten Eindruck und hat sich wirklich viel Zeit genommen, uns alle Optionen zu erläutern, das Für und Wider mit uns gemeinsam abzuwägen und auf unsere Fragen einzugehen. Das hilft ja auch schonmal enorm, wenn man da ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann und sich gut betreut fühlt. Das ist für uns auch ein Argument, dass dann eben für eine natürliche Geburt spricht; dass wir wissen, dass diese aufgrund der besonderen Voraussetzungen engmaschiger betreut wird und der Oberarzt für uns zuständig sein wird.
Wir konnten schon einmal die Räumlichkeiten des Kreißsaals mit eigenen Augen gestern sehen, was ansonsten gerade wegen der Coronalage nicht möglich ist, Kreißsaalführungen finden derzeit ja nicht statt. Auch alle Hebammen, denen wir da gestern begegnet sind, waren sehr nett und freundlich und verströmten ein Gefühl von Sicherheit.
Und ich konnte gestern auch den ganzen Tag dabei sein, was ja auch keine Selbstverständlichkeit zur Zeit ist. Alles in allem waren wir schon 4 Stunden in der Klinik und für Catharina wäre es ziemlich ätzend gewesen, da die ganze Zeit alleine zu sein. Und der Versuch des Wendemanövers war auch nicht gerade angenehm für sie, da war es auch ganz gut, dass ich dabei sein und ihr beistehen konnte. Wir haben da gestern einfach ein bisschen „Dreistheit siegt“ gespielt, ich bin einfach stumpf überallhin mitgekommen, ohne groß nachzufragen. Schon an der Rezeption hatte man versucht, mich abzuwimmeln, aber wir haben dann einfach gesagt, dass wir den Termin gemeinsam haben. Ich hab dann nur so ein Besucherformular ausfüllen müssen, aber das war ja der geringste Aufwand, gar kein Problem.
Wir hatten im Vorfeld natürlich auch ein wenig Sorge, dass bei so einer äußeren Wendung ja auch was schiefgehen könnte, von Fruchtblasensprung über Plazentaablösung und dass es dann holterdiepolter gestern schon zu einem Notkaiserschnitt hätte kommen können. Unsere kleine Maus ist derzeit noch recht zart, geschätzte 2600 g und auf der 20. Perzentile. Da würden wir ihr gerne die 3 Wochen bis zum errechneten Termin noch gönnen, damit sie noch ein wenig draufpacken kann. Aber es ist alles gut gegangen gestern, also mal abgesehen davon, dass die Wendung an sich nicht geklappt hat. Aber keine Komplikationen. Und mit der jetzt angestrebten natürlichen Geburt kann unsere Tochter vielleicht noch 3 kuschelige Wochen im Mutterleib verbringen und wird nicht vorzeitig ans Licht gezerrt.
In zwei Wochen gibt es jetzt nochmal einen Kontrolltermin in der Klinik um kurz vor dem errechneten Geburtstermin noch einmal zu überprüfen, ob die Lage des Kindes weiterhin so geblieben ist wie gehabt oder ob sich an den Grundvoraussetzungen etwas geändert hat. Zwischendurch stehen darüber hinaus ja eh noch Gynäkologen-Termine zur Kontrolle an.
Am Wochenende hatten wir noch Besuch von Catharinas Eltern, wahrscheinlich ja das letzte Mal ohne Kind bei uns. Wir haben uns ein entspanntes Wochenende gemacht und lecker gegessen und viel gequatscht. Catharinas Papa hat uns noch ein Wandregal in unsere Abstellkammer gebastelt, damit wir noch ein bisschen mehr Abstellfläche haben. Wir konnten dann unser Haus direkt wieder ein bisschen kindersicherer machen, haben zum Beispiel schon mal die ganzen Putzmittel von unter der Spüle weggeräumt und auf das oberste Regalbrett in der Kammer verfrachtet.
Außerdem haben wir am Wochenende dann auch alle zusammen meine Eltern besucht. Diese sind nämlich im August – ich hatte das in einem Kommentar an Edith zum letzten Eintrag schonmal angedeutet – auch nach Bremen gezogen gekommen und wohnen jetzt nur knappe 2 Kilometer von uns entfernt. Meine Mama hat aufgehört zu arbeiten und weil es sowohl meine Schwester als auch mich nach Bremen verschlagen hat und zumindest für meine Mama nun bald das erste Enkelkind vor der Tür steht (mein Papa hat schon drei Enkelkinder von einer Tochter aus seiner ersten Ehe), war das jetzt eine gute Gelegenheit für sie, auch ihre Zelte im Ruhrpott abzubrechen und nach Bremen zu kommen. Hinzu kam, dass meine Schwester einen schönen kleinen altengerechten Bungalow gefunden hat, der gerade 4 Jahre seit der Erbauung auf dem Buckel hatte und zum Verkauf stand (ein Scheidungshaus) und den sie dann gekauft hat und jetzt an meine Eltern vermietet. Insgesamt also eine ziemlich gute Konstellation für uns alle.
Meine Eltern hatten dann noch die lustige Idee, wo wir schonmal alle beisammen waren (meine Schwester war auch mit dabei), dass alle Anwesenden ihre ernst gemeinten Namensvorschläge für unsere Tochter aufschreiben und in einen Umschlag packen sollten, der dann nach der Geburt geöffnet wird. Also quasi die Namen, von denen sie denken, dass wir unsere Tochter so nennen würden. Wir sind mal gespannt, ob jemand den richtigen Namen getroffen hat und vielleicht auch noch viel gespannter, was für Namen zu vergeben uns unsere Familien so zutrauen… Es ist auf jeden Fall ein sehr wohlklingender und auch nicht sonderlich exotischer Mädchenname, den aber bislang noch niemand erraten hat (seit Catharina schwanger ist bekommen wir ja ständig von Freunden, Verwandten und Bekannten Namensvorschläge und Tipps um die Ohren gehauen, aber der richtige Name war da bislang noch nicht dabei).
Vielen Dank auch noch einmal für die vielen freundlichen und teilnehmenden Nachrichten zu meinem letzten Eintrag. Ich versuche auf jeden Fall, euch hier auch virtuell auf dem Laufenden zu halten, wie es sich mit der kleinen Maus weiter entwickelt und wann sie das Licht der Welt erblickt.
So allmählich wird es ernst. Meine Frau ist mittlerweile in der 35. Schwangerschaftswoche angekommen und der errechnete Geburtstermin rückt näher. Glücklicherweise ist die Schwangerschaft bislang sehr entspannt und komplikationsfrei verlaufen, Catharina selbst spricht sogar von einer „Traumschwangerschaft“. Langsam wird zwar Vieles etwas beschwerlicher für sie, aber das ist ja normal und wir können uns gar nicht beschweren.
Gerne hätte ich ein bisschen häufiger Tagebuch geschrieben während der letzten Monate, weil es einfach eine spannende Zeit mit vielen Veränderungen ist. Wir haben uns zuhauf mit Anträgen und Formalia rumgeschlagen. Haben einen Online-Geburtsvorbereitungskurs besucht. Und wir waren viel unterwegs und haben nach Ausstattung fürs Babyzimmer geschaut und nach nötigen und unnötigen Accessoires. Anziehsachen fürs Kind haben wir glücklicherweise ausnahmslos von Freunden und Verwandten geschenkt bekommen, fast ausschließlich aus zweiter Hand, was wir auch toll finden. Diese kleinen Kindersachen werden so kurz getragen, dass es der blanke Irrsinn ist, das alles neu zu kaufen.
Meine Frau hat selbst ein handschriftliches Schwangerschaftstagebuch geführt, in das sie während der letzten Monate immer wieder geschrieben hat. Ist auch eine schöne Vorstellung, das irgendwann später mal dem Kind zu zeigen, als Dokument unserer Vorfreude. Ich habe in jenes Tagebuch auch hineingeschrieben, damit auch die Stimme des Vaters nicht ganz zu kurz kommt dabei.
Im Juni waren wir nochmal für eine Woche auf Baltrum im Urlaub, was wirklich schön war. Es war ein gut gewählter Zeitpunkt, weil Catharina da noch ziemlich fit war und wir noch nahezu ungebremst über den Strand und durch die Dünen flanieren konnten. Und es war auch schön, mal wieder rauszukommen und woanders zu sein. Für mich war es mein erster Verreise-Urlaub seit 2018. Auf Baltrum haben wir uns dann auch endgültig auf einen Namen für unsere Tochter geeinigt. Eigentlich standen auch nur noch 2 Favoriten zur engeren Auswahl, aber zwischen diesen und auch bezüglich möglicher Schreibweisen gab es noch ein wenig Unklarheit. Aber jetzt wissen wir, wo die Reise namentlich hingeht.
Ein Problem gibt es allerdings doch noch, zur Zeit liegt die Kleine nämlich noch falsch herum im Bauch, also mit dem Allerwertesten Richtung Ausgang. Und das Zeitfenster, in dem zu erwarten steht, dass sie sich von selbst noch in die richtige Position dreht, schließt sich so langsam. Wir haben in knapp 2 Wochen einen Termin in der Geburtsklinik, wo dann nochmal geschaut werden soll, ob es Gründe dafür gibt, dass sie sich nicht dreht und ob man vielleicht eine äußere Wendung versuchen kann. Das soll allerdings nicht gerade angenehm sein und ist auch mit einem gewissen Risiko verbunden, dass es im Anschluss zur Kaiserschnitt-Geburt kommt, wenn dabei irgendwelche Komplikationen auftreten. Das wäre dann noch etwas mehr als drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. An sich kein Drama, aber irgendwie hätten wir es schon gerne noch bis in den Oktober geschafft bis zur Geburt.
Grundsätzlich ist wohl auch eine Geburt aus der Beckenendlage, also mit dem Popo voran, möglich, wobei man sich vorher eben genau anschauen muss, ob es irgendwelche Gründe gibt, die dagegen sprechen könnten. Und wir sind uns auch nicht ganz sicher, inwieweit man sich selbst, vor allem aber auch dem Kind damit einen Gefallen tut. Wir sind auf jeden Fall total für eine natürliche Geburt, aber wenn es am Ende so eine totale Kack-Aktion mit Not-Kaiserschnitt und anschließend intensiver Osteopathie fürs Kind wird, dann würden wir doch lieber den geplanten Kaiserschnitt nehmen. Klar, man kann so oder so nicht alles im Voraus planen, gerade nicht beim Thema Geburt, aber wir hoffen einfach mal, dass wir dazu eine kompetente Einschätzung in der Geburtsklinik bekommen. Hat von euch Leserinnen und Lesern hier jemand eigene Erfahrungen mit dieser Problematik?
Am Donnerstag haben Catharina und ich ein Babybauch-Fotoshooting gemacht, mittlerweile ist der Bauch ja auch wirklich schon ganz imposant geworden. Das hat Spaß gemacht und wir hatten auch echt Glück mit dem Wetter und konnten schön die Abendstimmung einfangen.
Es liegt jetzt noch das Wasserzeichen der Fotografin drüber, weil es sich nur um die Vorab-Bilder handelt, die sie uns in eine Galerie hochgeladen hat.
Ich werde nach der Geburt für 3 Monate daheim bleiben und Elternzeit nehmen. Mein Chef war darüber nicht unendlich glücklich, weil die personelle Situation bei uns auf der Arbeit derzeit ohnehin etwas angespannt ist, aber ehrlich gesagt ist mir das gerade ziemlich egal. Neben der Tatsache, dass ich mich einfach auf die Zeit mit meiner Frau und dem Baby freue und die Beiden in dieser aufregenden ersten Zeit dann hoffentlich gut unterstützen, betüddeln und versorgen kann, bin ich auch einfach ganz froh, nochmal die Chance zu haben, für ein paar Monate bei der Arbeit raus zu kommen und Abstand zu gewinnen. Ich hoffe auch einfach, dass ich nach den drei Monaten Elternzeit dann einen ganz anderen Fokus auf das habe, was wirklich wichtig ist, und mich von den unverältnismäßigen Arbeitsmengen nicht mehr so stressen lasse.
Am Dienstag war ich im Bremer Lokalfernsehen zu sehen, in dem Regionalmagazin „buten un binnen“. Ich hatte dort an einer Online-Befragung zum Thema „Gesundheitssystem“ teilgenommen. Und nach der Auswertung dieser „Meinungsmelder“-Umfragen basteln die Macher immer einen kleinen Film zur Präsentation der Ergebnisse zusammen, in denen einer der „Meinungsmelder“ auch persönlich zu Wort kommt. Da meine abgegebene Meinung wohl ziemlich repräsentativ war für die Durchschnittsmeinung und ich selbst ja auch im Gesundheitssystem arbeite, fand die Redakteurin wohl, dass ich als Repräsentant da gut in Frage kommen würde. Sie hatte mich am Montag kontaktiert und gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, auch vor der Kamera was dazu zu sagen, und am Dienstag kam dann eine Kamerateam von buten un binnen in meiner Mittagspause vorbei und wir drehten ein kleines Interview und ich musste 5-mal einen Weg rauf und runter laufen, damit man mich im Beitrag an- und abmoderieren konnte. Hat Spaß gemacht und auch insgesamt nur eine halbe Stunde gedauert.
Unter dem Link kann man sich das Ergebnis ansehen.
So, heute muss noch Rasen gemäht werden und außerdem hat mein Papa Geburtstag, da werden wir wohl am Nachmittag wohl mal einen Abstecher hin machen und ein wenig Kuchen essen und feiern.
Euch allen ein schönes Wochenende. CU in Disneyland!
Die Zeit vergeht weiterhin im Flug. An dem Wochenende vor dem jetzigen Pfingstwochenende hatten wir schon unseren ersten Hochzeitstag. Wir haben einen schönen ruhigen Tag verbracht und haben uns die vielen Fotos und Videos von dem Tag angesehen und in Erinnerungen geschwelgt. Kommt mir definitiv noch nicht ein Jahr her vor, weil mir alles noch so präsent ist. Vielleicht aber auch, weil in dem Lockdown-Jahr seither nicht sooo viel passiert ist. An unserem Hochzeitstag haben wir Rouladen gekocht (an der Hochzeit selbst hatten wir ebensolche vom Caterer), die auch sehr lecker geworden sind. Und wir haben die Reste unserer vor einem Jahr eingefrorenen Hochzeitstorte gegessen. Die hatten allerdings geschmacklich ein wenig gelitten und bekamen uns auch beiden Magen-Darm-mäßig nicht ganz so gut. Aber immerhin haben wir die Tradition erfüllt. ^^
Letzte Woche stand dann der große Ultraschall-Termin in der 20. Schwangerschaftswoche bei meiner Frau an. Diesmal durfte ich erfreulicherweise auch einmal mitkommen in die Praxis der Frauenärztin – das war bislang coronabedingt noch nicht möglich gewesen. So habe ich unser Kind dann auch das erste Mal mit eigenen Augen sehen können, wenn auch nur auf der Projektion schwarz-weißer Ultraschallbilder auf einem Monitor. Richtig schön, wenn man so ein kleines Würmchen das erste Mal im Livebild sieht und was man alles schon gut erkennen kann. Schon verrückt, wie groß der kleine Parasit mittlerweile schon geworden ist und wie aktiv er da durchs Fruchtwasser strampelt, ohne dass man von außen bislang etwas merkt davon. Wir waren auf jeden Fall sehr glücklich, dass mit dem Kind alles in Ordnung zu sein scheint, alle Organe ordentlich angelegt, alle messbaren Größen im Normbereich. Und wir wissen jetzt auch, dass wir eine Tochter bekommen werden. Somit hat Catharinas Papa mit seiner Traum-Vision und seiner Vorhersage Recht behalten (aber gut, die Chance stand auch bei 50:50 😉 ). Wir hatten da keine wirkliche Präferenz, trotzdem ist es schön, das jetzt zu wissen und sich bei der Namenssuche ein wenig einschränken zu können. Wobei wir – glaube ich – jetzt schon weitgehend entschieden sind, ein Jungenname stand für uns ja sowieso schon fest, aber auch beim Mädchennamen haben wir uns mittlerweile weitgehend festgelegt. Daneben ist es aber auch schön, in dem Wissen um das Geschlecht des Kindes jetzt von IHR sprechen zu können und nicht nur von dem Baby.
Catharina hat sich inzwischen auch ein wenig Umstandsmode zugelegt, weil die bisherigen Hosen und Shirts nicht mehr ewig passen werden und der Bauch beständig wächst. Mittlerweile kann sie den Fakt der Schwangerschaft nicht mehr wirklich verbergen (muss sie ja aber auch nicht ^^). Dem Internet sei Dank konnten ein paar Onlineshops nach Schwangerschaftsmode durchforstet und ein paar schöne Dinge erstanden werden.
Ich hab zum Vatertag vorvergangene Woche von einem unserer Nachbarn einen Ratgeber zum Vater-Werden mit Widmung zum „Future Father`s Day“ geschenkt bekommen. Fand ich auch sehr nett. 🙂 Ich selbst habe dieser Tage für andere Nachbarn ein Lied geschrieben, mit dem ich am Ende recht zufrieden war. Sie sind Anhänger einen eher kleinen, unbekannteren Religion (Bahai-Religion) und hatten erzählt, dass sie jetzt einen Feiertag in ihrer Religion begehen. Das hat mich irgendwie interessiert und inspiriert und ich hab mich ein bisschen zum Ursprung des Feiertags belesen und dann ein ganz und gar weltliches Lied komponiert mit Gedanken und Zitaten aus ihrer Religion. Manchmal finde ich es einfach spannend, mich mit einem mir fremden Thema zu beschäftigen und daraus Musik zu machen. Und den Nachbarn hat’s am Ende auch gefallen.
In unserem Garten wurde jetzt kürzlich auch eine kleine Gartenhütte aufgebaut, gestrichen in einem sehr ansprechenden Schwedenrot. Ist ein echter kleiner Hingucker. Gestern haben wir sie mal eingeräumt und konnten dadurch unsere Vorratskammer im Haus entrümpeln und Gartengerätschaften endlich auslagern und etwas Platz schaffen. Und unsere Fahrräder sind auch mal von der Terrasse runter, was es noch deutlich gemütlicher dort macht. Passend dazu haben wir letzte Woche eine saftige Steuerrückzahlung bekommen aus dem Jahr unserer Hochzeit, so dass die Kosten der Hütte und des unterliegenden Fundaments schon wieder gegenfinanziert sind. Läuft! 😉
Gerade sitze ich hier am morgendlichen Tisch und höre neben dem Tagebuchschreiben „Rough and rowdy ways“, das jüngste Album von Bob Dylan, der heute 80 Jahre alt wird. Mal gucken, was er sich noch so alles ausdenkt in seinem stattlichen Alter, sein letztes Werk von 2020 strotz auf jeden Fall nur so vor Kreativität und Spielfreude. Der Typ ist einfach nur der absolute Oberknaller und ich bin der totale fanatische Verehrer.
Einen schönen Feiertag heute allerseits und beste Grüße in die Runde. CU in Disneyland!
PS: Vielen Dank für die lieben Worte und Glückwunsche zum letzten Eintrag! 🙂
Heute waren Catharina und ich im Babymarkt und haben ein Kinderbettchen gekauft. Eigentlich wollten wir uns mal über Kindersitze fürs Auto informieren, haben das auch getan, am Ende aber dann lediglich eine Kaufentscheidung für ein Kinderbettchen getroffen. Wir waren dann etwas schockiert von der Größe des Paketes, mit dem die Mitarbeiterin vom Laden angerollt kam. Aber zum Glück passte es so eben noch in unser Auto und wir konnten es gut nach Hause transportieren. Nachdem der Vormittag hier heute wettermäßig noch sehr schön war, wir mittags dann noch eine Runde durch den Park gedreht und ein wenig das Sonnenlicht auf unserer Terrasse genossen hatten, haben wir das Bett, als sich am Nachmittag die Wetterlage etwas verschlechterte, dann direkt noch aufgebaut. Da waren wir hinterher auch ein wenig stolz auf uns, weil wir zum Einen unglaubliche Handwerkernieten sind und uns vor all solchen Aufgaben immer gerne drücken, zum Anderen aber auch unangenehme Aufgaben grundsätzlich eine Weile vor uns herschieben. Aber der Aufbau des Bettes war wirklich unproblematisch, ein bisschen fummelig zwar, aber insgesamt doch gut und in einem annehmbaren Zeitrahmen zu bewältigen. Langsam nimmt das zukünftige Kinderzimmer schon Formen an, sehr schön ist das! 🙂 Das Bett, das wir heute gekauft haben, ist auch ein richtiges Kinderbett von 140 x 70 cm, das man eine Weile verwenden kann und was dann direkt im Kinderzimmer stehen soll. Von Freunden und Bekannten bekommen wir noch ein Beistellbettchen fürs Schlafzimmer und einen Stubenwagen für die erste Zeit ausgeliehen. Muss man ja wirklich nicht alles neu kaufen.
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, gab es eine gewisse Auslassung in der Geschichte. Denn tatsächlich weiß ich es schon eine Weile, habe aber bislang noch nicht davon berichtet, dass ich voraussichtlich im Oktober zum ersten Mal Papa werde! Catharina und ich hatten es nach der Hochzeit vor knapp einem Jahr schon ziemlich bald gezielt darauf angelegt, dass es dazu kommt, aber es hat dann doch ein bisschen gedauert, bis unsere Bemühungen (Leibes)Früchte tragen wollten. Nach ein wenig aufkeimender Frustration ob einiger negativer Schwangerschaftstest, hat sich dann im Februar der erhoffte Erfolg schließlich doch eingestellt. Anfangs war es nur ein ganz, ganz zarter, kaum wahrnehmbarer Streifen auf dem Schwangerschaftstest, den wir erst gar nicht für voll nehmen wollten. Catharina hatte drei oder vier Tage vorher noch einen Zahnarzttermin gehabt und hatte wegen eines dort anstehenden Röntgens auch schon am Morgen davor einen von diesen „Schlägt schon drei Tage vor einsetzender Periode“-Schwangerschaftsfrühtests gemacht, der da aber negativ geblieben war. In sofern hatten wir gar nicht mehr so große Hoffnungen in diesem Zyklus und unser Kind hat dann zur Begrüßung direkt seine erste Röntgendosis abbekommen, aber nach dem „zarten Streifen der Hoffnung“ wurde jener positive Teststreifen dann doch von Mal zu Mal deutlicher und kurze Zeit darauf gab es dann auch die Bestätigung von der Frauenärztin, die uns sehr glücklich gemacht hat.
Mittlerweile ist Catharina in der 18. Schwangerschaftswoche und allmählich kann man das sich vorwölbende Bäuchlein auch von außen bemerken. Seit bereits dem ersten Frauenarzttermin in der 6. oder 7. Schwangerschaftswoche musste meine Frau nicht mehr zur Arbeit, weil sie direkt ein Berufsverbot ausgesprochen bekommen hat. Zunächst ein vorläufiges von der Frauenärztin, das dann aber vom Arbeitgeber bis zum Ende der Schwangerschaft verlängert wurde. Das ist natürlich extrem praktisch, weil sie jetzt die Schwangerschaft mit viel freier Zeit genießen kann und sich nicht auf der Arbeit stressen muss. Noch schöner wäre es natürlich, wenn sie mehr Freizeitaktivitäten nachgehen könnte, zum Beispiel schwimmen gehen, was coronabedingt derzeit einfach nicht möglich ist. Aber trotzdem sind wir sehr dankbar für die gewonnene Freizeit, zumal sie bei vollem Gehalt daheim bleiben kann. Sie arbeitet im Labor mit infektiösen Proben, das ist die Begründung fürs Berufsverbot. Sie hätte zwar noch aus dem Laborbereich ins Büro wechseln können, um sich dort um Bestellungen und Verwaltungskram zu kümmern, da aber in den Büroräumlichkeiten die Coronaregelungen nicht so richtig toll umgesetzt waren und sie als Schwangere da auch nicht unbedingt 8 Stunden am Stück mit der FFP2-Maske sitzen sollte, hat sich der Arbeitgeber dann eben für das Berufsverbot entschieden. Gibt es ja deutlich Schlimmeres… 😉
So in der 7. und 8. Schwangerschaftswoche hatte Catharina schon mit stärkerer Übelkeit zu kämpfen, danach hat sich das aber relativ schnell wieder gelegt und jetzt geht es ihr, bis auf Problemchen mit einem etwas niedrigen Blutdruck und dem Kreislauf, ziemlich gut, so dass sie die Zeit auch wirklich genießen kann.
Gestern haben wir zum ersten Mal unsere zukünftige Hebamme kennengelernt. Nach dem, was man so bezüglich Problemen bei der Hebammenfindung gehört hatte, haben wir uns schon echt früh um eine Hebamme bemüht und hatten dann auch direkt bei der allerersten Anfrage Erfolg. Wir haben dann erstmal noch so bis zur 12. oder 13. Woche abgewartet, sozusagen der anfänglichen kritischen Phase, ehe wir der Hebamme bestätigen konnten, dass mit der Schwangerschaft alles gut ist und wir somit einen ersten Kennenlerntermin vereinbaren konnten. Der war jetzt gestern und die Frau macht einen sehr netten und kompetenten Eindruck. Sie hatte auch eine kleine Utraschallsonde dabei, mit der wir die Herztöne des Kindes hören konnten. Das war toll, denn für mich war es ja auch das erste Mal, dass ich sie gehört habe, ein ganz kräftiges, schnelles Tuckern. In zwei Wochen ist dann die nächste Untersuchung bei der Frauenärztin und da darf ich als werdender Papa sogar dann auch mit zum großen Organultraschall und dann unser werdendes Kind auch das erste Mal mit eigenen Augen bewundern. Da freue ich mich auch schon sehr drauf, das wird sicherlich super spannend.
Weil mittlerweile in unserem Freundeskreis echt schon viele kleine und auch bereits etwas größere Kinder unterwegs sind, haben wir nach Verkündigung der frohen Botschaft auch direkt unheimlich viele Utensilien und Klamotten fürs Kind angeboten bekommen. So haben wir, obwohl es noch recht früh ist, mittlerweile schon eine Wickelkommode und einen Kinderwagen gebraucht erstanden, zudem von den glücklichen werdenden Großeltern (die sich vor lauter Vorfreude nicht zurückhalten konnten mit Geschenken… :)) erste Strampler und Mützchen und solcherlei Dinge geschenkt bekommen. So nimmt alles langsam Konturen an und wir liegen einfach noch top in der Zeit, um alles ganz in Ruhe einrichten und vorbereiten zu können.
Das Geschlecht des Kindes wissen wir derzeit noch nicht, hoffen aber ein wenig, dass es sich bei dem großen Ultraschall in zwei Wochen dann offenbart. Letztendlich ist es natürlich nicht sonderlich wichtig, aber neugierig sind wir natürlich doch. Zumal wir dann auch bei der Namenssuche etwas konkreter werden können, wenn wir schonmal wissen, ob wir einen Mädchen- oder einen Jungennamen brauchen. Wobei der Jungenname eigentlich schon seit geraumer Zeit weitgehend fest steht, weil wir da einen gemeinsamen Favoriten haben, und sich bei den Mädchennamen nach anfänglichen Uneinigkeiten auch erste größere Übereinstimmungen herauskristallisieren und sich das Favoritenfeld mittlerweile auf 2 bis 3 Namen eingrenzt. Wir nähern uns also der Erfüllung dieser Aufgabe, der Namenswahl.
Ich hoffe, ich komme in nächster Zeit ein bisschen häufiger dazu, diese spannende Zeit hier im Tagebuch zu dokumentieren, weil es ja nicht nur für die liebe Leserschaft, sondern auch für mich selbst sicherlich spannend ist, das später nochmal wieder zu lesen.
Liebe Grüße in die Community und CU in Disneyland!
Nach unserer Hochzeit im Mai des vergangenen Jahres hatten wir 3 Wochen Urlaub, in denen wir eigentlich unsere Hochzeitsreise nach Costa Rica geplant hatten. Wie die Hochzeit selbst, hatten wir auch die zugehörige Reise schon relativ weit im Voraus geplant und gebucht. Über eine Internet-Agentur namens „Evaneos“ hatten wir uns eine individualisierte Reise zusammenstellen lassen, geplant waren so etwa 2 Wochen Rundreise durch das Land und am Ende eine Strandwoche am Pazifik zum Entspannen. Das klang alles ziemlich gut und wir hatten da bei Evaneos auch eine persönliche Ansprechpartnerin, die uns zu unserer Reise beraten hat und die unseren Reiseplan nach unseren individuellen Wünschen gestaltete. Aufgrund der Coronapandemie konnten wir die Reise dann natürlich nicht antreten, es bestand zu jenem Zeitpunkt eine internationale Reisewarnung und Costa Rica hatte auch eine Einreisesperre für Touristen verhängt. Leider haben wir von unserem Geld für die ins Wasser gefallene Reise bis heute noch nichts wieder gesehen (lediglich die Lufthansa hat nach Monaten der Nicht-Erreichbarkeit schließlich das Geld für die Flüge zurückerstattet). Natürlich war die geplante „Einmal-im-Leben“-Reise nicht ganz günstig, weshalb es umso schöner wäre, von diesem Geld nochmal etwas wieder zu sehen. Die Reiseplattform Evaneos wollte uns zunächst mit einem Reisegutschein (allerdings auch nur gültig für die gleiche Lokal-Agentur – sprich für eine Costa Rica-Reise – und nur bis Ende 2021) abspeisen, was für uns aus verschiedenen Gründen allerdings nicht in Frage kam. Ansonsten stellten sie sich auf den Standpunkt, dass sie ja nur die Vermittlungsplattform für die Reise seien und das Geld schon an die lokalen Unternehmen vor Ort (Hotels, Naturparks etc) weitergeleitet hätten und nicht zurückbekommen würden. Unsere im persönlichen Kontakt immerhin recht nette und zwischenzeitlich auch in wieder in Deutschland gestrandete Reiseansprechpartnerin von Evaneos verwies uns auf unsere Reiserücktrittversicherung, die wir für die Reise abgeschlossen hatten und in der auch tatsächlich eine Klausel bezüglich „höherer Gewalt“, also nicht vorhersehbarer Ereignisse, die die Durchführbarkeit der Reise unmöglich machen würden, als Einschlusskriterium enthalten war. Guten Mutes wandten wir uns also an diese Reiserücktrittsversicherung, eine Firma mit Sitz in Frankreich, die man letztlich auch nur über ein Online-Abwicklungsformular kontaktieren konnte und von der wir im Anschluss erstmal wochenlang nichts hörten, ehe sie immer neue und abstrusere Unterlagen von uns einforderte, unter anderem das Original-Dekret der Costa Ricanischen Regierung, aus dem hervorging, dass man zu unserem Reisezeitraum nicht in das Land einreisen konnte. Das war für uns als Nicht-Spanisch-Sprechende schon mal relativ schwierig zu finden. Und nachdem wir über Wochen und Monate immer weitere Unterlagen hingeschickt hatten und immer weiter vertröstet worden waren, wurde unser Antrag schließlich abgelehnt und man verwies uns wieder an den Reiseveranstalter zurück, der für die Rückerstattung der Reisesumme zuständig sei. Wir legten dann noch mal Widerspruch gegen diesen Bescheid ein, was aber auch bloß nichts brachte. Noch einmal an unsere Ansprechpartnerin bei Evaneos gewandt, versprach sie uns, sich erneut beim Mutterkonzern nach der Möglichkeit einer Rückerstattung zu erkundigen, was allerdings dann am Ende auch wieder anderthalb Monate dauerte, ehe es wieder hieß, die Reiserücktrittversicherung sei zuständig bzw. man könne uns „aus Kulanz“ maximal 20% der gezahlten Summe zurück erstatten. Zwischenzeitlich wandte ich mich schon an meine Rechtsschutzversicherung mit dem Ziel, das Geld schließlich auf dem Rechtsweg zurück zu erstreiten, aber auch das brachte keinen wirklichen Fortschritt. Denn obwohl sich die ganze Posse mittlerweile schon ein halbes Jahr oder länger hinzog, meinten die, wir müssten dem Reiseveranstalter erstmal noch Fristen setzen zur Rückerstattung der Summe, ehe man den Rechtsweg bestreiten könne, und das ganze Rechtskonstrukt, wer jetzt genau zuständig sei, also der Reiseveranstalter, der sich selbst ja nur als Vermittlungsplattform sieht, oder die Reiserücktrittsversicherung, wurde auch nie so ganz klar.
Das Problem ist einfach auch, dass das Ganze immer nur über irgendwelche Online-Formulare und E-Mails gelaufen ist, das heißt, es gibt keinen wirklich greifbaren Ansprechpartner, an den man sich wenden könnte. Unser ganzer Schriftverkehr mit der Reiserücktrittsversicherung besteht unterm Strich nur aus Chat-Nachrichten in einem Fallbearbeitungspauschal des Anbieters, bei denen man nicht mal weiß, mit wem genau man da eigentlich gerade geschrieben hat. Nicht so wie früher, wo man so eine Reise klassisch im Reisebüro gebucht hat und dann sagen konnte „Reisebüro XY will mir mein Geld nicht zurück zahlen, bitte schreiben Sie denen doch mal nen netten Anwaltsbrief.“ Normalerweise sind wir auch gar nicht die Leute, die solche großen Reisen im Internet buchen, aber die Verlockung der Individualisierbarkeit der Reise war zum damaligen Zeitpunkt, noch weit vor Corona, einfach zu verlockend gewesen. Ich kann grundsätzlich die Misere der Reisebranche auch nachvollziehen und verstehe, dass sie irgendwie schauen müssen, wo sie bleiben, um überleben zu können. Aber ich bin nicht bereit, mehrere Tausend Euro für eine Reise zu bezahlen, die nicht stattgefunden hat und für die ja aber auch niemand arbeiten oder eine Leistung erbringen musste (abgesehen von unserer Reiseplanerin, die aber auch ohne Frage ein paar hundert Euro von der Summe für ihren Aufwand behalten könnte). Ich werde mich, wenn ich bald mal wieder ein wenig Urlaub habe, dann wohl nochmal etwas intensiver an die Rechtsschutzversicherung wenden und darauf drängen, dass sich ein Anwalt der ganzen Sache annimmt, damit wir vielleicht irgendwann doch nochmal was von dem ganzen Geld wiedersehen.
Unterm Strich hatten wir dann im Mai und Juni 2020 (inklusive einiger Tage vor unserer Hochzeit) vier Wochen Urlaub, die wir nicht so ganz erquicklich verbringen konnten, wie wir uns das eigentlich so vorgestellt hatten. Wir haben in dieser Zeit ein wenig die Bremer Umgebung erkundet und ein paar Tage bei unseren Eltern verbracht, aber so eine echte Hochzeitsreise war das dann natürlich nicht. Und im Anschluss war es auch ziemlich blöd, schon 4 Wochen des Jahresurlaubs Anfang Juni verbraten zu haben; die 25 Arbeitswochen bis zum nächsten Urlaub im November wurden dann doch relativ lang (wären sie natürlich auch so gewesen, aber mit den Reisegedanken einer Traumreise durch Costa Rica im Hinterkopf hätte man vielleicht etwas mehr von der Erinnerung zehren und die Arbeitszeit dadurch besser durchstehen können).
Aber im Nachhinein ist es natürlich auch gut, dass wir unsere Reise (wie auch unsere Hochzeitsfeier) nicht auf 2021 verschoben haben, denn auch in diesem Jahr wird man ja voraussichtlich keine größeren Fernreisen machen können (und falls aus irgendwelchen Gründen doch noch, ist ja auch die Frage, ob man das dann sofort wieder möchte). Hach ja, ich glaube, es wäre wirklich eine tolle Reise geworden und immer wieder mal trauere ich dieser verpassten Gelegenheit hinterher. Natürlich kann man auch gut leben, ohne in seinem Leben mal in Costa Rica gewesen zu sein, und vielleicht ergibt sich irgendwann in der ferneren Zukunft ja auch nochmal die Gelegenheit dazu, wer weiß. Aber wir haben uns damals, nachdem wir die Reise gebucht hatten, auch viele Dokus über das Land, die Natur und die Leute angeschaut und all das farbenprächtige Spektakel hätten wir auch wirklich gerne einmal vor Ort gesehen, gerade jetzt, wo wir noch jung, fit und mobil sind.
Nachdem wir uns also gedanklich damit arrangiert hatten, unsere Hochzeit in einem anderen, kleineren Rahmen zu feiern, als sie ursprünglich geplant gewesen war, war dann auch gar nicht mehr sonderlich viel Zeit für Vorbereitungen, aber wir wollten es auch entspannt und relativ spontan angehen. Catharinas Eltern quartierten sich unter dem Vorwand einer „Geschäftsreise“ (da private Beherbergungen zu jenem Zeitpunkt nicht erlaubt waren) in einem Hotel in der Nähe ein, meine Eltern blieben bei meiner Schwester (, die ja auch in Bremen wohnt) und Catharinas Schwester und ihr Mann blieben bei uns im Haus. Am Hochzeitsmorgen frühstückten wir erstmal entspannt zu viert und im Laufe des Morgens kamen Catharinas Eltern und der Fotograf hinzu. Während im Anschluss dann der Aus-, An- und Umziehprozess meiner zukünftigen Frau minutiös fotodokumentiert wurde, musste ich mich mit meinen Plünnen in eines der abseitigen Zimmer zurückziehen und fernab der allgemeinen Blicke in meinen Anzug kriechen (so ist das nun mal an Hochzeitstagen mit der Verteilung der Aufmerksamkeit ;-)). Wobei ich dafür im Endeffekt deutlich länger brauchte als Catharina, weil mit Hemd, Weste, Anzug, Fliegebinden, Gürtel, Manschettenknöpfen, Einstecktuch und weniger bequemen Schuhen als bei meiner Braut unterm Strich deutlich mehr Aufgaben auf mich warteten. Meinen Hochzeitsanzug, der in einem leichten Grünton schimmerte, je nach Lichteinfall auf den Hochzeitsbildern aber auch mal blau, grau oder schwarz wirkt, hatte ich im Vorfeld in einer Nacht-und-Nebel-Aktion noch durch geheime Hintertürchen vom Herrenschneider abholen und anpassen lassen müssen, der ja offiziell auch schon geschlossen haben musste, aber eben schon für Monate im Voraus Ausstattung für die jeweils großen Tage verkauft hatte.
Okay, hier kommt die Farbe nicht so sehr heraus!
Und die Braut von vorne…
…und von hinten.
Nachdem wir dann alle angezogen waren und Catharina sich noch vor meinen neugierigen Blicken versteckt hatte, fuhr ich mit Thomas, unserem Fotografen, zum Park des nahegelegenen Schloss Schönebeck hier im Bremer Norden. Dort wollten wir dann unsere „Braut und Bräutigam sehen sich zum ersten Mal in Hochzeitsgarderobe“-Bilder machen. Das hätten wir auch, wenn unsere Hochzeit im großen Rahmen hätte stattfinden können, vor der eigentlichen Trauzeremonie gemacht (dann hätten wir zwar am Tag zuvor schon standesamtlich geheiratet, dies aber in anderer, etwas schlichterer Bekleidung). Es war eine Anregung unseres Fotografen, die uns erst merkwürdig vorkam, nach weiterem Nachdenken aber mehr und mehr Sinn ergab, nämlich den Druck aus diesem besonderen „Erster Blick“-Moment herauszunehmen und es zu einem intimeren Moment zu machen, den einen Moment, der an diesem Tag wirklich uns beiden gehört und nicht unseren Gästen und Zuschauern. Ich wartete dann in dem besagten Schlosspark an einem alten Baum auf meine Braut und mit ein paar Minuten Verzögerung wurde diese von ihrem Papa hinterhergefahren und mir im Schatten des Baumes dann nah-zeremoniell anvertraut. Unser Fotograf hielt sich währenddessen dezent im Hintergrund und machte von alledem aus einiger Entfernung schöne Erinnerungsbilder.
Hier wird Catharina von ihrem Papa gebracht...
…und in meine Obhut übergeben.
Und hier stehen wir im Schatten unseres Hochzeitsbaumes.
Wir haben dann noch einige Fotos gemacht und dann kam ein alter schwarzer Mercedes-Oldtimer mit Chauffeur, der uns zum Standesamt fuhr. Das Hochzeitsauto hatte mein Papa für uns geordert und das war tatsächlich ein sehr erhabenes Gefühl, damit 25 km durch Bremen gefahren zu werden. Zum Einen, weil das Auto super bequem war und man auf der Rückbank saß wie auf einem alten, gut eingesessenen Ledersofa. Zum Anderen, weil man vermutlich selten in seinem Leben so viele freudige Reaktionen von vollkommen unbekannten Passanten bekommt, wie wenn man in einem Hochzeitsauto durch die Stadt kutschiert wird.
Wir und das schicke Auto.
Da wir unseren Hochzeitstermin beim Standesamt schon rund ein Jahr im Voraus fix gemacht hatten, zu dem damaligen Zeitpunkt aber noch zentrumsnah/-näher im Stadtteil Schwachhausen gewohnt und noch nicht geahnt hatten, dass wir zwischenzeitlich noch einmal umziehen würden, war der Weg zum Standesamt jetzt ziemlich weit. Wir hätten auch im Standesamt Bremen Nord oder sogar im Schloss Schönebeck selbst heiraten können, was deutlich näher gewesen wäre. Aufgrund der ganzen Corona-Umstände waren wir aber froh, dass wir überhaupt einen Termin hatten (und auch konkret unseren Termin, denn wir heirateten an unserem 6. Jahrestag) und wollten nicht noch einmal alles über den Haufen werfen.
Der Part im Standesamt war dann an dem ganzen Tag unterm Strich auch der unspektakulärste Teil. Das Standesamt im Bremer Zentrum ist ein von außen wie innen sehr schönes Gebäude und es entstanden dort weitere schöne Fotos. Aufgrund der pandemischen Umstände durften wir, wie schon im letzten Eintrag geschildert, nur 3 Gäste mit hinein nehmen, und hatten uns dafür jeweils für unsere Schwestern und für den Fotografen entschieden. Die Trauung selbst beschränkte sich auf den amtlichen Teil und war somit nochmal deutlich schmuckloser, als es standesamtliche Trauungen für gewöhnlich ohnehin sind. Die Trauung dauerte etwa 7 Minuten und wurde von einer gefühlt etwa 18jährigen Standesbeamtin durchgeführt, die gefühlt ihre etwa dritte Trauung gestaltete, es war also eher weniger souverän und recht formelhaft. Aber das war ja alles gar nicht so schlimm, am Ende gingen wir mit Ringen an den Fingern aus dem Trauzimmer, ich zudem mit einem Stammbuch in der Hand und mit einem neuen Nachnamen, weil wir uns für den etwas wohlklingenderen Nachnamen meiner Frau als Familiennamen entschieden haben.
Auf den Zuwegen des Standesamtes selbst durften dann des Infektionsschutzes wegen keine Angehörigen der Brautpaare stehen und warten, dafür knubbelte es sich dann auf den Fußwegen um das Standesamt mit kleinen Grüppchen wartender Angehöriger. Auch unsere Familien und einige Arbeitskolleginnen warteten dort auf uns und empfingen uns mit einem Rosenspalier und einem kleinen Sektempfang aus dem Autokofferraum. Auch unsere Traurednerin, mit der wir ja eigentlich unsere geplante freie Trauung am nächsten Tag hatten gestalten wollen, war überraschend und spontan vorbei gekommen, um uns zu gratulieren. Nach zahlreichen herzlichen Worten und Umarmungen fuhren wir in unserem Oldtimer mit Chauffeur und unsere Familien in ihren eigenen Wagen zum nahegelegenen Bürgerpark, um dort noch einige Fotos mit unserer kleinen Hochzeitsgesellschaft zu machen. Tatsächlich nutzten wir nicht, wie von rabi vermutet, den obligatorischen Bremer Hochzeitspavillon im Bürgerpark als Fotomotiv, allerdings entstanden die Bilder in unmittelbarer Nähe von eben jenem. Leider war es an jenem 15.Mai noch ziemlich frisch und so waren schließlich alle Beteiligten recht durchgefroren und am Ende wurden wir noch vom Parkwächter des Bürgerparks – einem ausgesprochen unfreundlichen Zeitgenossen, der es nicht mal über sich brachte, uns zur Hochzeit zu gratulieren – verscheucht, weil man professionelle Fotoaufnahmen im privat betriebenen Bürgerpark wohl voranmelden müsse (dabei ist unser Fotograf ja nur Hobby-Fotograf), aber wir waren da eh schon längst mit allen denkbaren und undenkbaren Motiven durch und im Endeffekt auch ganz froh, so allmählich mal wieder ins Warme zu kommen.
Wir wurden nachfolgend von unserem Chauffeur wieder nach Hause gebracht und daheim hatten einige Arbeitskollegen von Catharina während unserer Abwesenheit unsere Terrasse und die Zuwegungen mit hochzeitlichen Motiven geschmückt. Kurz nach unserer Rückkehr klingelte dann auch schon der georderte Cateringservice vom Metzger um die Ecke und brachte Rouladen und Putenschnitzel und Beilagen für die ausgehungerte kleine Runde. Nach dem Essen gab es dann den Hochzeitstanz auf unserer Terrasse, während sich unsere Familie und ein paar Nachbarn drum herum im Garten aufstellten. Wir hatten extra zwei Tanzstunden im Vorfeld genommen (die ersten und bislang einzigen Tanzstunden meines Lebens), zur dritten geplanten war es coronabedingt dann nicht mehr gekommen. Über das Lied für unseren Hochzeitstanz hatten wir uns lange den Kopf zerbrochen und auch inhaltlich gestritten, da mir Musik aber besonders wichtig ist, besonders am Herzen liegt, war mir die Auswahl doch recht wichtig und am Ende konnte ich mit einem meiner Vorschläge für einen zeitlosen Klassiker auch Überzeugungsarbeit leisten. Wir tanzten eine Rumba zu „Heart of gold“ von Neil Young, wunderbar analog abgespielt von meinem alten Discman, der angeschlossen wurde an die Boxen meines Plattenspielers im Wohnzimmer (hätte man natürlich auch alles einfacher haben können, aber dieses kleine Detail finde ich besonders schön). Und der Tanz klappte auch recht gut (im Rahmen der tänzerischen Möglichkeiten nach zwei Tanzstunden, aber dafür dann doch ganz souverän) und wir waren froh, auf dieses wichtige Element unseres Hochzeitstages nicht verzichtet zu haben. Während des Tanzes wurden zwei Konfettikanonen gefüllt mit Silbersternen in unserem Garten losgelassen – diese Sterne finden wir teils heute noch in irgendwelchen Ritzen in und um den Garten.
Unsere Nachbarn (zum damaligen Zeitpunkt waren noch nicht alle der neu gebauten Häuser bezogen, aber zumindest alle Nachbarn, die damals schon hier wohnten) überraschten uns dann auch noch mit einer Wunderkerzenparade, Glückwünschen und einem gemeinsamen Geschenk vor der Tür. Sie konnten dann auch noch von unserer Hochzeitstorte mitessen, die ansonsten natürlich auch ein bisschen zu viel für uns paar Leute gewesen wäre, wobei das vielleicht nicht alle Nachbarn so schmackhaft fanden, wie wir selbst (siehe Bilder im vorherigen Eintrag). Für den Anschnitt der Torte hatte ich von der Arbeit extra so metzgerartige Schürzen aus dem Sektionssaal und Handschuhe und Masken (damals noch kein absolutes Alltagsutensil) besorgt, um den Effekt noch etwas dramatischer zu gestalten. Neben der tollen Ausarbeitung muss man aber auch mal erwähnen, dass die Torte wirklich gut geschmeckt hat, sehr fruchtig und nicht zu sahnig, der untere Boden mit Birnengeschmack, der obere Boden mit Waldbeergeschmack, und das Herz mit Himbeersauce gefüllt. Zwei Stückchen der Torte und ein bisschen Herzscheidewand haben wir uns noch für unseren ersten Hochzeitstag eingefroren, mal gucken, ob das dann noch schmeckt.
Der Tag ging im Endeffekt wie im Flug vorbei. Im weiteren Verlauf des Nachmittags hielten unsere Eltern und Geschwister noch emotionale Reden für uns und wir trugen auch noch mal unsere „Liebesgeschwüre“, die wir uns bereits am Tag der Absage unserer großen Hochzeitsfeier gegenseitig vorgelesen hatten, vor unseren Gästen vor. Insbesondere mein Papa, der jetzt nicht unbedingt immer durch übergroße Emotionalität auffällt, überraschte mit einer tollen und emotionalen Rede, bei der einfach mal alle Anwesenden Pipi in den Augen stehen hatten. Auch unsere Freunde und Verwandten hatten sich viele tolle Dinge überlegt und überraschten uns aus der Ferne mit Geschenken und zum Teil echt aufwändigen digitalen Grußbotschaften und musikalischen Beiträgen. Das Tolle daran ist, dass man diese jetzt in digitaler Form gespeichert hat und sich zu Hochzeitstagen oder anderen Anlässen immer mal wieder anschauen kann. Ohne Frage wäre es schöner gewesen, mit all unseren Freunden und Verwandten persönlich zusammen zu feiern. Aber dieser notgedrungene Wechsel ins Digitale, nur das will ich damit sagen, hat zumindest auch ein paar Vorteile.
Ein paar kleine Spiele in unserem Wohnzimmer gab es auch noch (beim obligatorischen Schuh-Hochhaltespiel zur Überprüfung von Übereinstimmungen zum Testen der Ehetauglichkeit schlugen wir uns wacker und kamen auf gute 13 von 15 Punkten) und irgendwann am Abend verabschiedete sich dann auch unser Fotograf aus der Runde, der mit uns gemeinsam echt einen tollen Tag gestaltet hatte. Wir schauten mit unseren Familien gemeinsam dann noch das Hochzeitsvideo unserer Traurednerin (das immerhin auch eine Dreiviertelstunde dauerte), die echt ein tolles, emotionsgeladenes Video aus den Informationen aus unseren Treffen mit ihr und den langen Fragebögen, die wir im Vorfeld ausgefüllt hatten, zusammengebastelt hatte. Das fühlte sich schon fast so an wie die freie Trauzeremonie, die uns eigentlich vorgeschwebt hatte. Unsere für dort geplante „Sandzeremonie“ (wir gossen bunten Sand in ein herzförmiges Glasgefäß) führten wir schließlich einfach im heimischen Wohnzimmer durch.
Sowieso ist es jetzt im Nachhinein schön, dass viele dieser tollen und besonderen Momente unseres Hochzeitstages mit unserem Haus verknüpft sind, also, dass wir sagen können, hier auf unserer Terasse haben wir den Hochzeitstanz gemacht oder hier im Wohnzimmer haben wir die blutende Hochzeitstorte angeschnitten oder hier haben wir gesessen und uns die Videobotschaften unserer Freunde angesehen. So bekommt das Ganze irgendwie noch einmal einen intimeren Anstrich. Im Nachhinein haben wir das Gefühl, diesen Tag gerade wegen der kleinen Runde in jedem Moment ganz besonders intensiv wahrgenommen haben zu können. Natürlich ist da jetzt im Nachhinein bestimmt auch ein wenig Schönfärberei dabei und natürlich hätten wir viel lieber wie geplant mit unseren 80 Gästen zusammen gefeiert. Aber ob man den allen an so einem Tag, an dem man ja auch viel mit sich selbst und seinen Gedanken und Gefühlen beschäftigt ist, wirklich hätte gerecht werden können und ob es im Endeffekt dann ein schönerer Tag für uns geworden wäre, als er es auch so nun wurde, das weiß ich halt gar nicht genau. Vielleicht war es im Endeffekt genau die Art von Hochzeit, die das Universum für uns vorgesehen hatte, klein und intim statt groß und pompös, gespickt mit lauter besonderen und liebevollen Momenten. Ich bin im Nachhinein auf jeden Fall total froh, wie es trotz oder vielleicht ja gerade auch wegen aller Obstruktionen gelaufen ist und was für ein rundum gelungener Tag es für uns wurde.
Am Ende des Hochzeitstages waren wir auf jeden Fall total knülle und erschlagen von all den Eindrücken. Unsere Eltern fuhren irgendwann am späteren Abend zurück zu meiner Schwester bzw. ins Hotel, wir sichteten noch zahlreiche Karten und virtuelle Grußbotschaften und fielen dann irgendwann glücklich und erschöpft ins Bett. Und nein, wir hatten dann in unserer Hochzeitsnacht keinen Sex mehr, weil wir einfach zu erschlagen waren und vielleicht auch, weil wir eine Etage unter uns Catharinas Schwester mit ihrem Freund beherbergten und das dann auch ein bisschen skurril gewesen wäre, womöglich. Wir hatten auch im Vorfeld mal Umfrage unter unseren wirklich guten Freunden (mit denen man halt über sowas sprechen kann) gehalten und auch da ist die Quote des „Ehevollzugs“ in der Hochzeitsnacht selbst doch eher dürftig. Aber gut, das ganze Leben liegt noch vor uns und es ist ja nun auch nicht so, dass wir das Mottot „Drum prüfe, wer sich ewig bindet“ nicht auch von einem praktischen Standpunkt aus im Vorfeld ausgiebig in die Tat umgesetzt hätten. 😉
Am Ende noch ein paar weitere Bilder mit Impressionen dieses besonderen 15.05.2020
Was Lustiges ins Öhrchen geflüstert…?
Bild mit Kuh (im Hintergrund)
Harmonie ist so wichtig in der Ehe…!Einmal wollte unser Fotograf im Standesamt mit auf dem Bild sein.
Im Trauzimmer im Standesamt
DAS Standardmotiv Bremer Hochzeiten – vor dem ParkhotelTortenanschnitt in voller MonturHochzeitstanz auf unserer Terrasse
Eines unserer Lieblingsbilder mit der Hochzeitsgesellschaft
Und einmal auch noch ganz corona-konformHier noch ein Bild von unserer Sandzeremonie
Ich wollte noch ein wenig von den Ereignissen rund um unsere Hochzeit im vergangenen Mai erzählen. Wir hatten ja eigentlich eine größere Feier mit etwa 80 Gästen geplant, wollten am 15.05.2020, einem Freitag, standesamtlich heiraten und am Tag darauf eine freie Trauzeremonie vor unseren geladenen Gästen durchführen und dann im Anschluss gemeinsam mit allen Anwesenden feiern. Nun war zwischenzeitlich allerdings die Corona-Pandemie aufgezogen, Deutschland in Totalquarantäne gegangen, und spätestens Ende März war uns relativ klar, dass sich unsere Pläne nicht in die Tat umsetzen lassen würden. Im Februar, als das Thema hier in Deutschland so langsam präsenter wurde, hatte ich noch nicht glauben wollen, dass es mal so auskommen würde. Ein Freund hatte mich gefragt, was wir denn bezüglich unserer Hochzeit nun planen würden, und zu diesem Zeitpunkt hielt ich das noch für eine recht absurde Nachfrage, als ob wir im Mai nicht wie geplant würden heiraten können, weil sich gerade eine Erkältungswelle mit einem neuen Virusstamm ausbreitete. Als dann nach und nach aber doch klarer wurde, dass die geplanten Festivitäten nicht möglich sein würden, waren Catharina und ich am Boden zerstört. Immerhin waren wir etwa anderthalb Jahre verlobt und hatten – ohne jetzt einen besonders ausgefallenen Anspruch an Exklusivität und Perfektion zu haben – wirklich alles in Ruhe und sehr weit im Voraus geplant, so dass das Trugbild unseres vermeintlichen Hochzeitstages lange Zeit gehabt hatte, vor unserem geistigen Auge Gestalt anzunehmen. Und all das wurde nun mit einem Mal weggefegt. Wir waren innerlich zerrissen, wollten auf der einen Seite den Termin nicht verschieben und alles noch einmal von vorne planen, konnten uns auf der anderen Seite aber auch nicht vorstellen, alles Geplante ersatzlos ausfallen zu lassen. In den letzten Wochen vor der geplanten Hochzeit gab es auch einfach keine Planungssicherheit (ein Zustand, an den man sich ja mittlerweile fast schon gewöhnt hat). Niemand wusste, wie lange und in welcher Form der „Lockdown“ weitergehen würde, ob man wieder ins Restaurant würde gehen können, ob vielleicht just zum Zeitpunkt unserer Hochzeit alles wieder wie geplant möglich sein würde, ob dann wiederum aber auch unsere Gäste in der geplanten Zahl Lust haben würden, unbeschwert miteinander zu feiern. Das Hotel, in dem wir die Feier am Samstag geplant und in dem wir für unsere Gäste auch ein Zimmerkontingent vorreserviert hatten, war bei alledem auch keine sonderlich große Hilfe. Sie versteiften sich darauf, dass wir den Termin nur verschieben könnten oder andernfalls eine hohe Stornierungsgebühr zahlen müssten, was schon ziemlich dreist war in Anbetracht der Tatsache, dass rein rechtlich eine Durchführung der Feier zum damaligen Zeitpunkt ja gar nicht möglich war. Die wollten das einfach bis zum letztmöglichen Zeitpunkt aussitzen, um sich zumindest die Option zu erhalten, noch ein paar Einnahmen aus der ganzen Geschichte zu generieren. Wir selbst wollten allerdings nicht bis zum allerletzten Tag auf die Entscheidung warten, ob unsere Feier nun möglich sein würde oder nicht. Immerhin sollten die allermeisten Gäste doch von weiter her in das Bremer Umland anreisen und auch denen gegenüber empfanden wir es als unangemessen, erst drei Tage vor dem geplanten Termin schließlich alles abzusagen. Also rangen wir uns schweren Herzens Mitte April, rund 4 Wochen vor dem geplanten Termin, dazu durch, die geplanten Feierlichkeiten abzusagen und unsere Gäste wieder auszuladen. Mit dem Hotel, das weiterhin auf die Option „Termin verschieben“ bestand, sprachen wir diesbezüglich nicht mehr weiter, sondern pokerten darauf, dass am 16.05. die vertraglich vereinbarte Feier schlichtweg nicht möglich und der geschlossene Vertrag somit wegen „Nichtdurchführbarkeit“ nichtig sein würde. Zwei Tage vor dem geplanten Termin der Feier rief das Hotel dann tatsächlich nochmal bei uns an und gab zerknirscht klein bei, weil auch sie nun einsehen mussten, dass sie nicht mit und für uns die Feier durchführen konnten, die wir geplant hatten.
Wir selbst waren im Anschluss emotional zerstört. An dem Tag im April, als wir all unseren Gästen abgesagt hatten, lasen wir uns gegenseitig unsere Liebesschwüre (von uns liebevoll auch immer als „Liebesgeschwüre“ tituliert) vor, die wir eigentlich für unsere freie Trauung vorbereitet hatten, und heulten wie die Schlosshunde. In der Zeit darauf schwankten wir immer wieder zwischen völliger Verweigerungshaltung und dem Wunsch, noch eine halbwegs würdige Hochzeit durchzuziehen. An dem Termin für die standesamtliche Hochzeit am 15.05. hielten wir fest und verfolgten bange die sich täglich ändernden Angaben dazu, ob und wieviele Gäste man in das Standesamt würde mitnehmen können. Zwischenzeitlich sagten wir, dass wir es einfach für uns zu zweit durchziehen wollten und dann auch keine Gäste aus unseren Familien dabei haben wollten, die uns mit ihrer freudestrahlenden Anwesenheit dann erstrecht vor Augen führen würden, was wir gerade alles verpasst hatten. Wir sagten DJ, Hochzeitstorte, Traurednerin und Blumenschmuck ab und suhlten uns in unserem Elend.
Wer uns emotional dann tatsächlich extrem aufgefangen und im Endeffekt unseren Hochzeitstag weitgehend gerettet hat, war unser Hochzeitsfotograf, den wir über Bekannte empfohlen bekommen hatten. Mit ihm hatten wir uns bereits früher getroffen und auch Fotos für unsere Einladungskarten zur Hochzeit geschossen. Ihn hatten wir eigentlich für den Tag unserer großen Feier am 16.05. gebucht, während wir für den Standesamttermin am 15.05. auf das Fototalent unserer Gäste in der kleineren, familiären Runde hofften. Mit unserem Fotografen telefonierten wir dann etwa zwei Wochen vor dem geplanten Termin und waren da wirklich auf dem emotionalen Tiefpunkt angekommen, so von wegen „Wozu brauchen wir Fotos von so einer traurigen Veranstaltung?“. Aber er konnte uns dann davon überzeugen, die Situation so anzunehmen, wie sie uns nun einmal serviert wurde, und trotzdem das allerbeste daraus zu machen. Er, der eigentlich nicht hauptberuflich Fotograf ist, sondern das nur als Leidenschaft neben seiner eigentlichen Arbeit betreibt, wurde gerade in seinem Erstberuf in Kurzarbeit geschickt, so dass es sich ergab, dass er auch an unserem Standesamt-Freitag den ganzen Tag für uns Zeit haben würde. Er überzeugte uns davon, alles genauso romantisch und kitschig und emotional durchzuziehen, wie wir es eigentlich geplant hatten, mit einem „Braut und Bräutigam sehen sich das erste Mal in Hochzeitsgarderobe“-Fotoshooting und mit einer ganz intimen Feier im engsten Familienkreis in unserem eigenen Wohnzimmer, mit einem Hochzeitstanz nicht im Ballsaal, sondern auf unserer eigenen Terrasse, mit einer Hochzeitstorte, die eben 2 bis 3 Nummern kleiner ausfallen würde, als ursprünglich geplant, mit Essen vom Caterer statt vom Hotelkoch, mit Fotoshooting im Bürgerpark nach dem Standesamt und allem Zipp und Zapp.
Und mit einem Mal loderte sie wieder in uns, die Hochzeitsflamme, die anderthalb Jahre lang schon in uns gebrannt hatte, bevor sie so unerwartet und abrupt erloschen war. Und dann gab es plötzlich doch noch eine ganze Menge zu tun. Wir bestellten unsere sensationelle Hochzeitstorte, die für uns eines der absoluten Highlights der ganzen Veranstaltung darstellte, wieder, aber diesmal in einer kleineren Ausführung. Wir übten unsere Tanzschritte wieder ein. Wir bestellten ein kleines Menü für 10 Personen beim Caterer. Der Hochzeitsstrauß wurde wieder in einer kleinen Version geordert. Wir liehen uns von unseren Nachbarn eine Bierzeltgarnitur fürs Wohnzimmer. Und unsere Hochzeitsrednerin, die mit uns eigentlich die freie Trauung hätte durchführen sollen, erklärte sich bereit, ihre Zeremonie und ihre Worte an uns auf Video aufzunehmen und uns zum Hochzeitstag zukommen zu lassen, damit wir das Video mit unseren Gästen zusammen würden angucken können.
Schlussendlich durften wir am „Stichtag“ nur 3 Gäste mit ins Standesamt zur Trauung nehmen. Wir verzichteten auf unsere Trauzeugen in ihrer Rolle als Trauzeugen. In Catharinas Fall wäre zwar ihre Schwester die Trauzeugin gewesen, die bei der Hochzeit sowieso dabei war, aber ich hatte meinen guten Freund Joscha aus Studientagen zum Trauzeugen auserwählt, und da wir uns bei unserer „Corona-Hochzeit“ nun auf unsere Kernfamilien als Gäste beschränkten, konnte er nicht dabei sein, so dass wir dann eben insgesamt auf Trauzeugen verzichteten. Da 3 Leute eine ziemlich ungünstige Zahl ist, um sie mit ins Standesamt zu nehmen, entschieden wir uns dafür, jeweils unsere eine Schwester plus den Fotografen mitzunehmen, damit unsere anderen Gäste (und später auch unsere Freunde und weiter gefasste Verwandtschaft) wenigstens Bilder von der Zeremonie sehen könnten.
Von der Hochzeit selbst will ich dann beim nächsten Mal berichten. Aber vorab will ich schon einen Blick auf unsere sensationelle Hochzeitstorte gewähren, die uns und unseren Gästen (naja, zumindest den meisten…) unglaublich viel Freude bereitete. Schon eine ganze Weile im Voraus hatten wir uns Gedanken über eine besondere Hochzeitstorte gemacht, die einen persönlichen Bezug zu uns hat. Für mich als Pathologen und für Catharina als Mitarbeiterin in einer Blutbank und als Vampir-Fan lag es durchaus nah, eine Hochzeitstorte mit einem blutenden Herzen anschneiden zu wollen, und tatsächlich fanden wir eine großartige Konditorin, die sich voller Begeisterung und Experimentierfreude in das Projekt stürzte. Letztlich ja ein klassisches Hochzeitsmotiv, so eine Herz-Torte… Daneben hatte unsere Torte aber auch noch aus Zucker modellierte „Objektträger“, wie ich sie mir tagtäglich unterm Mikroskop anschaue, und zwei „Fußzettel“ mit unseren Namen drauf, wie sie in der Leichenhalle den Verstorbenen zur Identifikation an die Großzehen gehängt werden. Der Effekt, als sich die Himbeersoße beim Tortenanschnitt aus dem Herzinneren ergoss – unbezahlbar!
Ich als unheimlicher Pathologe nach getaner Arbeit!
Auch im zurückliegenden Jahr habe ich mir Gedanken über Musik gemacht und darüber, welche davon mir denn ganz besonders gut gefallen hat (es gab ja auch genügend freie Zeit, um sich mit einer guten Platte drinnen einzuschließen). Dabei hat irgendwann im Spätsommer 2020 bei mir eine Blitz-Wiederverliebung musikalischer Art eingesetzt, die den Rest des Jahres dann sehr geprägt hat. Und so wurde das Album des Jahres 2020 für mich dann eines, das genauso gut auch das Album des Jahres 1998 hätte sein können (und es für viele Leute vielleicht auch war).
Alanis Morissette – Supposed former infatuation junkie
Wir saßen bei Freunden und spielten eine Runde „Hast du Töne“, das heißt, jemand spielte kurze Musikclips an und die Anderen mussten möglichst schnell erraten, um welche Lieder es sich handelte. Und dabei wurde unter Anderem auch „Hands clean“ von Alanis Morissette angespielt, das von dem Nachfolgealbum „Under rug swept“ stammt, dem einzigen Morissette-Album, dem ich seinerzeit etwas intensiver zugehört und das ich auch gemocht hatte, das ich aber sicherlich seit knapp einem Jahrzehnt nicht mehr gehört hatte. Im Zuge dieses kleinen Musikratespiels bekam ich irgendwie Lust, das Album mal wieder zu hören und war begeistert ob seiner musikalischen Ausgereiftheit und der Wucht der Texte, auf die ich früher nicht sonderlich geachtet hatte. Die früheren Alben von Alanis Morissette, die noch größere Verkaufsschlager gewesen waren und mit denen sie in den 90ern ihren Durchbruch geschafft hatte, nämlich „Jagged little pill“ und „Supposed former infatuation junkie“, hatte ich irgendwann mal vom Grabbeltisch irgendeines Musikkaufhauses billig erstanden, dann aber weitgehend unbeachtet ins CD-Regal gestellt und dort verstauben lassen. Im Zuge der Morissette’schen Wiederentdeckung 2020 habe ich diese Alben dann auch mal näher und intensiver angehört und war einfach total begeistert, regelrecht umgehauen. Was diese Künstlerin da mit Anfang 20 für musikalische und textliche Bretter gefertigt hat, das finde ich mehr als bemerkenswert. Das von mir am meisten bewunderte und nun zum Album des Jahres 2020 auserkorene Werk „Supposed former infatuation junkie“ dauert fast 75 Minuten und hat währenddessen nicht einen schwachen Moment. Das Ganze klingt so unglaublich reif, wütend, durchdacht, emotional, erotisch und amüsant, dass man meinen müsste, dass hier eine Musikerin und Texterin am Werk war, die mindestens schon doppelt so viel Lebens-, Liebes- und Leidenserfahrung gesammelt haben müsste, als es in diesem jungen Alter eigentlich möglich ist.
Ich kann euch dieses Album und generell diese Künstlerin (die ersten Alben bis „Flavors of entanglement“ (was sind das auch immer für großartige Albentitel…) finde ich durch die Bank alle sehr gelungen) nur wärmstens ans Herz legen. Vielleicht auch bei manch anderem Leser Zeit für eine Wiederentdeckung…?
Somit reiht sich dieses Album ein in die mittlerweile recht stattlich gewordene Liste meiner Alben des Jahres, die ich auch in Zukunft fortzuführen gedenke.
2000: Red Hot Chili Peppers – Californication
2001: John Frusciante – To record only water for ten days
2002: Badly Drawn Boy – The hour of bewilderbeast
2003: Peter Gabriel – Up!
2004: The Dresden Dolls – The Dresden Dolls
2005: Nick Cave & The Bad Seeds – Abattoir blues / The lyre of Orpheus
2006: Bobby Conn – Bobby Conn
2007: Badly Drawn Boy – Born in the U.K.
2008: Get well soon – Rest now, weary head, you will get well soon
2009: Antitainment – Nach der Kippe Pogo !?
2010: Robert Forster – The evangelist
2011: Christiane Rösinger – Songs of L. and Hate
2012: The Gaslight Anthem – The ’59 sound
2013: Paul Simon – Graceland
2014: Marsimoto – Grüner Samt
2015: Ja, Panik – Libertatia
2016: Turbostaat – Abalonia
2017: Father John Misty – Pure comedy
2018: Anna & Elizabeth – The invisible comes to us
2019: A Perfect Circle – Eat the elephant
2020: Alanis Morissette – Supposed former infatuation junkie
Ich wünsche euch allen einen schönen Sonntag und eine gute Zeit. CU in Disneyland!
Ganz so lange geht es natürlich noch nicht, aber so ist es doch ein wenig klangvoller…
Heute vor 20 Jahren habe ich mich auf der Tagebuchseite Mytagebuch.de angemeldet, einer schnuckeligen kleinen Community begeisterter Alltagsschreiber, Reflektierender und Selbstdarsteller. Als damals 15jähriger Bub voller Flausen im Kopf, noch mitten in der Schulzeit und in der beginnenden Pubertät gefangen und noch rund viereinhalb Jahre vom Abitur entfernt. Entsprechend war zu Beginn das Themenspektrum, zwischen Schulerlebnissen, Hausaufgaben, Abenteuern mit Freunden, heimlichen oder nicht ganz so heimlichen Schwärmereien und viel Begeisterung für Film und Musik. Ist schon Wahnsinn, wie lange das alles mittlerweile her ist und was in der Zwischenzeit schon alles passiert und bereits auch wieder vergangen ist. Selbst Mytagebuch ist ja inzwischen vergangen und lebt doch ein kleines bisschen noch weiter.
In den letzten 10 Jahren hat meine Aktivität rund um das Tagebuchschreiben stetig weiter nachgelassen, und doch denke ich immer gerne an diese ganze Zeit zurück, an die geteilten Erlebnisse und die tollen Menschen, die ich dadurch kennengelernt habe. Zwischenzeitlich habe ich auch das ein oder andere Mal gedacht, dass ich wieder etwas häufiger hier schreiben sollte. Zum Einen, weil ab und an wirklich etwas Relevantes passiert in meinem Leben, über das zu berichten sich lohnen würde. Zum Anderen, weil ich in diesem verhunzten letzten zugeschlossenen Jahr sehr viel gelesen habe und dabei eine ganz neue Freude an der Literatur entdeckt habe, die in mir den lange verschütteten Gedanken wieder hat aufkeimen lassen, selbst einmal ein Buch oder eine längere Geschichte zu schreiben. Für ein solches Unterfangen, so denke ich, wäre das Tagebuch in jedem Fall eine wunderbare Spielwiese und Stilübung.
Und seit meinem letzten, mittlerweile schon fast ein Jahr alten Eintrag hier ist auch eine ganze Menge passiert, was ich nacherzählen könnte. Zwar hat sich zwischen Arbeit und fehlenden Freizeitgestaltungsspielräumen drumherum eine gewisse Lethargie eingeschlichen, doch war nicht zuletzt unsere Hochzeit im vergangenen Jahr eines der ganz großen Highlights.
Von ebenjenem besonderen Tag (dem Hochzeitstag!) gibt es dann zur Feier des heutigen Tages (20 Jahre Mytagebuch!) ein hübsches Bild zu begucken. Und vielleicht demnächst ja dann auch noch ein paar Worte mehr dazu.
Liebe Grüße an alle, die mich noch von damals oder später kennen und mit denen ich immer so gerne im Austausch gestanden habe.
Ich sitze in meiner Stube und draußen tobt das Schneegestöber – you better be fucking kidding me!
Die derzeitige Situation schlägt uns doch aufs Gemüt. Meine Freundin und ich haben in dieser Woche wenige Wege gefunden, uns gegenseitig aufzubauen, weil wir beide gleichermaßen frustriert sind. In diesem Fall potenziert sich unsere depressoide Stimmungslage gerade eher, als dass wir sie uns abmildern könnten. Die Arbeit ist zur Zeit nervig, das soziale Leben liegt brach und Gott lacht über die von uns gemachten Pläne und sagt dazu nur „Fuck you“. Bezogen auf unsere Hochzeitspläne sind wir überhaupt nicht motiviert, jetzt alles zu verschieben und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal neu zu planen. Ich weiß gar nicht, woher die Leute, die momentan in einer ähnlichen Situation sind, die Zuversicht nehmen, ihre Hochzeiten zu verschieben und auf „November“ oder „ein Jahr später“ zu verschieben. Wird es dann anders oder besser sein? Keine Ahnung. Ende April waren wir auf eine Hochzeit von Freunden eingeladen, die haben jetzt gerade alles auf Oktober verschoben, sowohl den bürokratischen Akt des Heiratens an sich als auch die Feier. Wir können uns das irgendwie nicht vorstellen. Auf der anderen Seite frustriert die Vorstellung, alles ersatzlos ausfallen zu lassen, keine thematisch passende Hochzeitstorte, kein mit Freude einstudierter Hochzeitstanz, keine Reden von Freunden und Familien, kein üppiges Essen, keine Feierstimmung, keine alten und seit langer Zeit nicht mehr gesehenen Freunde. Ich weiß, es gibt auch Menschen, die WIRKLICHE Probleme haben, trotzdem fühlen sich auch meine kleinen Sorgen für mich gerade sehr real an.
Auf der Arbeit hat das Pensum in der zurückliegenden Woche nun doch ein wenig nachgelassen, so allmählich merken auch wir die zurückgehenden OP-Zahlen. Wobei es weiterhin auch nicht so ist, dass nichts zu tun wäre, nur eben ein bisschen weniger. Wie schon geschildert, laufen die notwendigen Krebs-OPs ja weiter und das ja auch zurecht. In dieser Woche hatten wir zum Beispiel ein Rektumkarzinom von einem unter-50-jährigen Patienten im Einsendegut. Da muss man natürlich schon abwägen, was medizinisch sinnvoller ist: Einen so jungen Patienten an seinem Krebs zu operieren mit der Chance auf Heilung oder einen 80jährigen Pneumonie-Patienten aus dem Heim zu beatmen. Zugespitzt formuliert, denn glücklicherweise sind wir derzeit ja noch nicht in der Situation, solche Entscheidungen treffen zu müssen, da die Anzahl der Corona-Patienten und insbesondere der intensivmedizinisch zu betreuenden Corona-Patienten überschaubar ist.
Ansonsten nervt auf der Arbeit aber auch die vorpanische Grundstimmung und dass es kaum ein anderes Gesprächsthema als das große C gibt. In unseren Frühbesprechungen werden in aller Ausführlichkeit Allgemeinplätze und für jeden nachlesbare Zahlen aus der Presse diskutiert, ohne irgendeinen Erkenntnisgewinn und Mehrwert. Wir müssen jetzt beim Verlassen unserer Büros, also auf den Fluren und in den Laborbereichen, zudem Mundschutz tragen, was auch immer so ein chirurgischer Mundschutz bringen soll, außer eine psychologische Barriere zu sein. Seitens der Klinikdirektion gibt es Anfragen, nicht speziell an uns, aber an alle medizinischen Fachabteilungen, ob es Freiwillige gibt, die sich für die Versorgung der neuen Corona-Stationen und den erwarteten Patientenansturm melden wollen. Bislang zumindest noch auf freiwilliger Basis. Ich denke, dass das Interesse daran bei uns Pathologen nicht sonderlich groß sein wird, wenngleich wir vielleicht 2 oder 3 Ärzte abstellen werden, je nach Bedarf. Wenn wir irgendwann zwangsrekrutiert werden, dann ist die Kacke auf jeden Fall am dampfen, das ist dann so ein bisschen „Volkssturm 1945“-mäßig, das allerletzte Aufgebot. Wenn ich mich also den Patienten vorstellen werde mit „Guten Tag, meine Name ist Ginger, ich bin Pathologe und heute ihr behandelnder Arzt“, dann wissen die wohl auch Bescheid, welches Stündlein geschlagen hat. Wobei der eigentlich zu erwartende Mangel gar nicht so sehr im ärztlichen Bereich bestehen wird, wie wir aus den Besprechungen des Krisenstabs hören, sondern im pflegerischen Bereich und beim Materialnachschub. Es ist ja gerade die Pflege, die in den zurückliegenden Jahren von den Großkopferten und Geldverteilern und -eintreibern als derart verzichtbar eingestuft wurde, dass sie jetzt personell und von der Quantität vorhandener Qualifikationen vollends am Boden liegt. Ganz schön blöd.
Zur Frustbewältigung und zur Unterstützung des Plattenhändlers meines Vertrauens, habe ich mir in der zurückliegenden Woche jeden Tag online eine CD bestellt. Weil der Laden natürlich auch gerade geschlossen haben muss, haben sie komplett auf Versandhandel umgestellt. Wäre schön, wenn der Laden noch existiert, wenn die Beschränkungen irgendwann wieder aufgehoben werden. Unter Eingabe des Gutscheincodes „corona“ (kein Witz!) kann man zudem gerade die Versandkosten bei dem Laden sparen. Jetzt wäre es umwelttechnisch und logistisch natürlich sinnvoller gewesen, am Ende der Woche ein Gesamtpaket mit allen 5 CDs zu bestellen als jeden Tag eine einzelne CD. Auf der anderen Seite war es aber für mich ein schönes Ritual, jeden Morgen ein bisschen durch das Angebot zu stöbern und mit eine CD nach meinem Geschmack auszusuchen. Außerdem ist mit den kleinen Einzelpaketen gesichert, dass die Bestellungen bei uns in den Briefkasten passen, so dass ich es vermeiden kann, ein verpasstes Paket bei der Postfiliale abholen zu müssen.
Folgende CDs habe ich im Laufe der Woche bestellt.
Am Montag „Wild Wild East“ von Sunny Jain, eine wilde Mischung aus Surfgitarren mit Bollywood- und Dhol-Sounds.
Am Dienstag „Classic Appalachian Blues“, eine Sammlung älterer Bluesstücke aus dem breiten musikalischen Spektrum jener Region.
Am Mittwoch „Through the Streets of the City“, ein Album mit Mardi Gras New Orleans Brass Band Musik.
Am Donnerstag „Calypso Travels“ von Lord Invader, ein Album mit karibischer Calypso-Musik.
Und schließlich am Freitag „The Greenwich Village Folk Scene“, eigentlich eine Sammlung aus fünf Einzelalben mit schon sehr angebluester Folkmusik der frühen 60er Jahre aus dem damaligen Epizentrum der Folkszene.
Ein schönes Sammelsurium für die Playliste „Quarantäne Hits 2020“.
Bei dem schönen, sonnigen und warmen Wetter gestern Nachmittag (wie gesagt, jetzt gerade schneit es…) sammelten sich nach und nach unsere Nachbarn in ihren Gärten. Hier ist ein kleines Neubaugebiet entstanden mit insgesamt 10 Häusern, von denen mittlerweile 5 Häuser bewohnt sind. So haben wir gestern über die Gärten miteinander geschnackt und ich habe festgestellt, wie gut so ein bisschen soziale Interaktion, ein bisschen Input von außen, doch mal wieder tut. Wir sind hier im Dezember als Allererste eingezogen und haben den Rest des Jahres hier alleine verbracht. Es war auch an Silvester ein wenig creepy, so still und dunkel und leise um uns herum. Aber wenn man als erstes da ist, hat es den Vorteil, dass man gelassen beobachten kann, was sich in der Folge dann so nach und nach entwickelt, dass die neu zuziehenden Nachbarn sich einer nach dem anderen vorstellen und man somit nicht in der überfordernden Situation ist, als neu Hinzukommender alle Namen und Gesichter auf einmal kennenlernen zu müssen. Neben uns wohnt ein junges Pärchen, die beide als Erzieher arbeiten. Die haben irgendwie, soweit ich das nach ein paarmal Sehen überhaupt beurteilen kann, einen etwas merkwürdigen Umgang miteinander und pflaumen sich die ganze Zeit an. Vielleicht, hoffentlich liebevoll gemeint. Sie redet gerne und viel und er eher wenig, wenn, dann aber laut und eher ungehobelt. Er hat gestern erzählt, dass er als Frühchen mit einem Gewicht von 800 g 3 Monate zu früh auf die Welt gekommen ist und ich konnte nicht verhindern zu denken „Ja, passt irgendwie.“ 😉 Gegenüber wohnt ein Paar, die gerade im Dezember ein Kind bekommen haben, die sind sehr nett und wirken ziemlich entspannt. Dem Mann konnten wir in den letzten Wochen schön beim Parkettverlegen von unserem Wohnzimmer aus zugucken. ^^ So richtig einziehen werden die erst nächste Woche, bislang haben sie quasi nur Vorarbeiten geleistet und waren an den Wochenenden zugegen. Deren Umzug mit Umzugsunternehmen soll wohl trotz Corona nächste Woche stattfinden – wir sind gespannt. Außerdem wohnt ein paar Häuser weiter eine Familie mit zwei kleinen Kindern. Die Frau ist gerade noch in Elternzeit vom zweiten Kind. Sie ist Deutsche und er ist Türke. Bei unserem ersten Aufeinandertreffen vor ein paar Wochen konnte ich mit meinen kleinen VHS-Kurs-Türkischkenntnissen brillieren. Ich fürchte aber, dass wir nicht groß zum Sprechen kommen werden, weil der Mann gefühlt jedes Mal, wenn wir uns sehen, am Handy hängt und telefoniert. Dafür ist seine Frau sehr offen und kontaktfreudig. Wahrscheinlich ist ihr auch ein bisschen langweilig so alleine mit den Kindern mit dem Mann, der die ganze Zeit nur telefoniert. ^^ Und daneben wohnt dann noch ein kinderloses Paar, etwa in meinem Alter, von denen er wohl Raumfahrtingenieur ist und sie irgendwas in Richtung Werbeagentur macht. Die waren im Januar, als wir hier noch alleine gewohnt haben und noch bevor sie eingezogen waren, mal bei uns zu Besuch und wir haben hier anderthalb Stunden sehr nett miteinander gequatscht. Die sind eher ruhig und zurückhaltend und bislang hört und sieht man eher wenig von ihnen, so dass man die meiste Zeit gar nicht weiß, ob sie überhaupt da sind oder nicht.
Ich bin auf jeden Fall mal gespannt, was sich nachbarschaftlich mit der Zeit so entwickeln wird, auch wenn man mal wieder näher als 2 m oder eine Gartenlänge Abstand aufeinander zugehen darf. Und was für Leute in die derzeit noch freien Häuser dann einziehen werden. Man muss sich ja keine Illusionen machen, es wird Leute geben, die man mehr mag und Leute, die man weniger mag, wie halt immer im Leben. Schön wäre nur, wenn alle halbwegs miteinander auskommen und man in Frieden mit seinen Nachbarn leben kann. Es ist auf jeden Fall bislang ganz schön, dass alle so halbwegs im gleichen Alter und in vergleichbaren Lebensphasen sind, das macht das Kennenlernen schonmal einfacher.
Heute ist dann bei dem Wetter wohl eher keine Gartenparty angesagt. Wir werden uns was Leckeres zu essen kochen, ein bisschen Musik hören und ansonsten höre ich schon Captain Picard wieder rufen. Meine Freundin hat sich das neue „Animal Crossing“ für die Switch bestellt, ist also auch voll ausgelastet. 😉